Die zweite Runde der Gespräche im Dialog zwischen Pfingstlern und Reformierten hat im Dezember 2015 im Sankt Paulus Kulturzentrum im türkischen Antalya zum Thema „Mission und Heil – den Bedürfnissen der Welt dienen.“
„Angehörige reformierter und pfingstlerischer Kirchen begegnen einander weltweit in unterschiedlichen Zusammenhängen. Solche Begegnungen sind oftmals von falschen Unterstellungen und Vorurteilen über einander bestimmt. Der Dialog ist wichtig, weil er es möglich macht, Vorurteile zu überwinden und die Kenntnis der jeweils anderen Tradition zu vertiefen“, meinte Karla Ann Koll, die Leiterin der reformierten Delegation.
Veli-Matti Kärkkäinen (Pfingstler) und Setri Nyomi (Reformiert) hielten die beiden Hauptreferate. Der Finne Professor Veli-Matti Kärkkäinen, für den Mission im Mittelpunkt pfingstlerischer Spiritualität steht, unterstrich die theologischen Aspekte, die die leidenschaftliche missionarische Orientierung der Pfingstler erzeugt und nährt: Das christozentrische „ganze Evangelium“, die eschatologische Dringlichkeit und die geistliche Vollmacht.
Seinem Vortrag folgte eine Aussprache über das Wesen und die Auswirkungen der ganzheitlichen und umfassenden missionarischen Ausrichtung der Pfingstler. Es kamen Themen wie Evangelisation, Verkündigung, soziales Engagement und missionarische Aktivität zur Sprache. Professor Kärkkäinen sprach auch das an, was er „die größte Herausforderung für die pfingstlerische Mission” nannte, nämlich den religiösen Pluralismus und die interreligiösen Beziehungen. Zum Schluss seines Vortrags äußerte sich Professor Kärkkäinen selbstkritisch in Bezug auf gewisse Schwachstellen, die mit dem pfingstlerischen Missionsverständnis verbunden sind.
Dr. Setri Nyomi aus Ghana skizzierte das Verständnis von Mission und Heil aus reformierter Sicht. Er stelle auch dar, wie sich die beiden Begriffe zueinander verhalten, und unterstrich drei Aspekte von Mission, die für die meisten afrikanischen Kirchen große Bedeutung haben: Evangelisation, Leben vermitteln und die Förderung von Initiativen und Strukturen, die dem leben dienen. Indem sie auf diese und ähnliche Weise auf Gottes Liebe antworteten, würden Christen der göttlichen Berufung entsprechen, Salz und Licht (Matthäus 5,13-16) ihrer Gesellschaften zu sein, sagte Dr. Nyomi.
Er berief sich auf Johannes Calvin, um zu verdeutlichen, dass Reformierte an Fragen der Gerechtigkeit, einschließlich der Sorge um die Umwelt als Bestandteil von Mission, interessiert sind. Er gab auch einen kurzen Überblick über die soziokulturellen Rahmenbedingungen für das missionarische Engagement in Afrika. Sein Referat kam zu dem Ergebnis, dass für reformierte Christen die Erlösung zur Dankbarkeit gegen Gott führt, welche sich im Wunsch ausdrückt, an der Mission Gottes (missio dei) teilzuhaben. Diese Mission ist ganzheitlich wenn sie auf das Leben in seiner Gänze ausgerichtet ist: Das Evangelium verkündigen und leben, indem man Lebensfragen anspricht, die für Gott ein Anliegen sind.
Während der ersten beiden Tage der Konsultation wurden die beiden Hauptreferate im Plenum besprochen und jede Delegation richtete Fragen an die andere, so dass Ähnlichkeiten und Unterschiede herausgearbeitet werden konnten. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sollten insbesondere Beispiele dafür benennen, wie in ihren jeweiligen Kontexten missionarisch gehandelt wird.
Die Delegation der Pfingstler fragten vor allem nach der Bedeutung von Evangelisation als Verkündigung in der missionarischen Arbeit und deren Ziel, nach dem Verständnis von Bekehrung in der reformierten Missionstätigkeit und nach den Gründen für Mission unter Migranten und Flüchtlingen. Von reformierter Seite wurde nach Sinn und Inhalt des Heilsbegriffs gefragt sowie nach der Einladung zum Glauben, nach Proselytismus und dem Stellenwert des Dialogs mit Menschen anderen Glaubens, sowie nach der Beziehung zwischen Mission und Wortverkündigung.
Streckenweise war es ermutigend festzustellen, wie nahe sich die Dialogpartner in diesen Fragen waren. Die Gespräche wurden jeweils morgens und abends von Zeiten des Gebets, des Singens, der Bibellektüre und der Andacht eingerahmt. Auch wenn manche Diskussion recht scharf verlief, waren sich alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer darin einig, dass die Gespräche in einer Atmosphäre des guten Willens und der Einigkeit in Christus verlaufen waren.
„Unsere Traditionen befruchten einander auf verschiedene Art und Weise. Das muss zur Kenntnis genommen und gewürdigt werden“, erklärt die reformierte Delegationsleiterin Karla Koll, die darauf verweist, dass Professor Kärkkäinen in seinem Vortrag den pfingstlerischen Theologen Carlos Sediles Real zitiert habe, der in Nicaragua ihr Student gewesen sei. Sie stellt fest: „Theologische Ausbildung weltweit ist eine der besten Möglichkeiten, ökumenische Beziehungen herzustellen und eine Vision von der Einheit der Kirche Jesu Christi zu vermitteln.“
Am Sonntag, den 6. Dezember, beteiligten sich alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Gottesdienst der St. Paul Union Church mit Pfarrer Dennis Massaro. Die Gemeinde besteht aus englischsprachigen Christen zu denen auch Pfingstler und Reformierte gehören.
Nach Auffassung von Dr. Douwe Visser, dem theologischen Referenten der WGRK, werden diese Begegnungen „zu einem vertieften Nachdenken über Mission heute führen und eine klare Stellungnahme hervorbringen.“
Die nächste Konsultation im Rahmen dieses Dialogs soll Anfang Dezember 2016 stattfinden und den Schwerpunkt auf das Verhältnis von Mission und Pneumatologie legen.
Zur pfingstlerischen Delegation gehörten Cecil M. Robeck (Leitung) von den Assemblies of God, USA; Teresa Chai, Assemblies of God, Malaysia; Jacqueline Grey, Australian Christian Churches; Harold D. Hunter, International Pentecostal Holiness Church, USA; Veli-Matti Kärkkäinen, Pentecostal Church of Finland; Jean-Daniel Plüss, Schweizerische Pfingstmission.
Zur reformierten Delegation gehörten Karla Koll (Leitung), Presbyterian Church USA/Costa Rica; Nadia Marais, Dutch Reformed Church in South Africa; Setri Nyomi, Evangelical Presbyterian Church in Ghana; Bas Plaisier, Protestantische Kirche in den Niederlanden; Gabriella Rácsok, Reformierte Kirche Ungarns; Douwe Visser, Protestantische Kirche in den Niederlanden/WGRK.