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Eine Gruppe von Expertinnen und Experten verschiedener Religionsgemeinschaften hat im Rahmen einer Podiumsdiskussion am 2. Oktober über die Themen Schuldenerlass und Reparationen als Instrumente zur Förderung von Gerechtigkeit, Nachhaltigkeit und lebensbejahenden Wirtschaftssystemen diskutiert. Die Podiumsdiskussion war Teil des dritten öffentlichen Webinars des diesjährigen Ökumenischen Seminars für Leitung, Wirtschaft und Management (Ecumenical School on Governance, Economics and Management).

Das Webinar insgesamt beschäftigte sich mit religiös begründeten Standpunkten zum Thema Schulden, mit aus der Religion heraus begründeten Ansichten dazu, wie die Finanzstrukturen an Werte angepasst werden können, die im Glauben verwurzelt sind, und mit Auffassungen, warum ein Schuldenerlass und Reparationen für die Förderung von Gerechtigkeit unabdingbar sind.

„Ich bin der Meinung, dass Reparationen Teil einer Grundhaltung sein sollten, die unerlässlich ist im Konzert der Nationen. Stolz darauf zu sein, Geld zu besitzen, muss sich dahingehend verwandeln, in einem ähnlich großen Umfang auch stolz darauf sein können, die Verantwortung für Probleme zu übernehmen, die die Anhäufung dieses Geldes mit sich gebracht hat“, sagte Jahlani Niaah, Mitverfasser des Buchs Let Us Start with Africa: Foundations of Rastafari Scholarship.“

Yusuf Jha, Autor des Buchs „The Way of Return: Responding to Economic and Environmental Injustice Through the Wisdom Teachings of Islam“ fasste die Geschichte des „Geldes“ zusammen und verwies auf die Tatsache, dass „in jemandes Schuld zu stehen“ vor der Einführung von Münzgeld faktisch „eine Form der Zusammenarbeit und eine Art von Beziehung“ darstellte. „Wenn jemand Geld für sich behält, fördert er oder sie ein zerstörerisches Paradigma in Bezug auf sich selbst und seine Umgebung.“

„Der muslimische Glaube sah den Marktplatz als einen wahrhaftig freien Ort. Muslimische Gläubige nahmen ihren Propheten beim Wort und es war nicht der eigene Profit, der sie antrieb“, sagte er.

David Krantz, Mitbegründer, Präsident und Vorsitzender von „Aytzim: Ecological Judaism“, umriss, was er „Kosher economics“ (koschere Wirtschaft) nennt, eine Wirtschaft nämlich, die alle sieben Jahre ein Sabbatjahr (Schmita) – eine Ruhe- und Verschnaufpause von der Arbeit und für das Land – und alle 50 Jahre ein Jubeljahr (Yovel) – die Freistellung von der Arbeit, Entlassung aus der Knechtschaft und eine Entbindung von Schulden – umfasst.

„Das kapitalistische Wirtschaftssystem ist bei Weitem nicht perfekt und benötigt ein Element des Ausgleichs“, sagt er. „Eine Möglichkeit, die die hebräische Bibel als ein solches Element des Ausgleichs vorschlägt, ist die Umverteilung von Vermögen und Kapital. Stellen Sie sich ein Wirtschaftssystem vor, das alle 50 Jahre auf null zurückgesetzt wird.“

Karen Georgia Thompson, in leitender Funktion in der zentralen Verwaltung der Vereinigten Kirche Christi tätig und dort zudem eine der Verantwortlichen für weltweite Mission, verweist auf 1.Korinther 12: „Wir lehren, dass wenn ein Glied des Leibes leidet, der ganze Leib leidet; gleichzeitig erleben wir innerhalb des Leibes aber die historische Misshandlung der Glieder dieses Leibes in Afrika und der Glieder, die von diesen Menschen abstammen. Die Bewegung, die Reparationen fordert, ist ein Aufruf zu rechten Beziehungen und einer Vollständigkeit, Ganzheit der gesamten Schöpfung Gottes.“

Mit Blick auf Möglichkeiten, wie gerechtere Wirtschaftssysteme geschaffen werden könnten, sagte Thompson: „Die Kirche muss bei der Forderung nach Reparationen einen aktiven Part übernehmen, sie muss in dieser Bewegung eine Führungsrolle übernehmen.“

„Reparationen müssen eine Investition in Menschen und die Wiedergutmachung von Fehlern und Fehlverhalten sein, die im Zusammenhang damit stehen, dass Menschen aus Afrika als Sklavinnen und Sklaven arbeiten mussten und ihnen ein Leben in Freiheit vorenthalten wurde, damit Europa reich werden konnte“, sagte sie.

„Wir haben die Wahl – Handel kann als eine Form der Zusammenarbeit oder als eine Form von Gegnerschaft und Spaltung verstanden werden“, sagte Jha. „Wir müssen Institutionen unterstützen, die wiederum Zusammenarbeit, Einheit und Kooperation fördern.“

„Internationale Geldgeber-Organisationen müssen ihre kolonialen Denkstrukturen abstellen und aufhören, neokoloniales Handeln immer weiter fortzuschreiben. Bei einem gerechten Finanzsystem geht es nicht nur um Finanzen. Es geht um Fairness, um Gerechtigkeit, um Vertrauen und um Ehrlichkeit – und genau das wollen wir auf dem Weg in die Zukunft sehen“, erklärte Niaah.

Das Ökumenische Seminar für Leitung, Wirtschaft und Management (GEM) ist eine gemeinsame Initiative des Rats für Weltmission, des Lutherischen Weltbundes, der Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen und des Ökumenischen Rates der Kirchen. Es hat zum Ziel, Wirtschaftskompetenzen in den Kirchen auszubauen, in dem es den Teilnehmenden die Instrumente und Sprache an die Hand gibt, mit denen sie sich wirksam für dringend erforderliche Veränderungen in der weltweiten Finanz- und Wirtschaftswelt einsetzen können.