Indigene Führungspersonen aus aller Welt haben in dem Webinar ihre Visionen von einer gerechten Wirtschaft dargelegt, einer Wirtschaft, die nicht zu Völkermord, Vertreibung und Ausbeutung beiträgt.
In dem Webinar, das die Initiative für eine neue internationale Finanz- und Wirtschaftsarchitektur (New International Financial and Economic Architecture, NIFEA) organisiert hat, haben die indigene Führungspersonen über das Kolludieren von Kapitalismus, Kolonialismus und Christentum gesprochen und erläutert, warum indigene Gemeinschaften bestens geeignet sind, bei der Suche nach Alternativen für die todbringenden Systeme der Welt innerhalb der ökumenischen Bewegung eine Führungsrolle zu übernehmen.
Chebon Kernell, Direktor des „Native American Comprehensive Plan“ bei der Evangelisch-Methodistischen Kirche (USA), erklärte, das Webinar habe „einige der Systeme herausarbeiten und konkret benennen können, die in unseren Gesellschaften aktuell zu den Lebensbedingungen unserer Völker beitragen“.
Mari Valjakka vom Volk der Sami in Finnland kritisierte, wie selbst Umweltbewegungen eine Art „grünen Kolonialismus“ betreiben würden, durch den sie sich im Namen von Klimagerechtigkeit und grüner Energie das Land von indigenen Völkern aneignen. „Klimagerechtigkeit ist notwendig, ja dringend notwendig sogar, aber es kann keine Klimagerechtigkeit geben, wenn nicht auch für indigene Völker Gerechtigkeit herrscht“, sagte Valjakka.
Elvira Rumbaku sprach über die Unterdrückung der indigenen Bevölkerung in West-Papua durch die indonesische Regierung und erläuterte, dass die kapitalistische Ideologie nur funktioniere, weil sie allen das dominante Wissenssystem aufzwinge und indigene Wissenssysteme diskreditiere, weil sie mit der „Schaffung eines indonesischen Nationalstaates“ nicht kompatibel seien.
Jacobed Solano, eine Indigene aus Panama, erklärte, Kolonialismus versuche, den indigenen Geist zu vernichten. „Für uns ist die Erde nicht nur ein Territorium, ein von allem anderen isoliertes Element“, sagte sie. „Wir sind ein Teil davon und der Kolonialismus, der auf unserem Gebiet herrscht, begünstigt Gewalt.“
In einer Runde, bei der auf die Vorträge der Referentinnen und Referenten reagiert werden konnte, erläuterten andere Teilnehmende, wie man von den indigenen Ressourcen profitieren könnte, um Alternativen zu den herrschenden Systemen zu finden.
Inatoli Phughoto Aye, eine Frau vom Volk der Sümi-Naga aus Indien, skizzierte, dass die Tradition des so genannten „Verdienstfestes“ ein konkretes Beispiel für ein alternatives Wirtschaftssystem sei, in dem nicht darum geht, Reichtum anzuhäufen, sondern vielmehr um Großzügigkeit zum Wohle der Allgemeinheit. Sie erklärte, dies würde „den Teufelskreis der Anhäufung von Reichtum durchbrechen […] und eine Art Besteuerung der Reichen“ sein.
Das Webinar wurde in Zusammenarbeit mit dem Ständigen Forum der Vereinten Nationen für indigene Angelegenheiten organisiert und stand unter der Überschrift „Peace, Justice and Strong Institutions: The role of Indigenous People in Implementing Sustainable Development Goal (SDG) 16“ (Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen: Die Rolle indigener Völker bei der Umsetzung des Nachhaltigen Entwicklungsziels 16).
Die Initiative für eine neue internationale Finanz- und Wirtschaftsarchitektur ist eine gemeinsame Initiative des Rats für Weltmission, des Lutherischen Weltbundes, der Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen, des Ökumenischen Rates der Kirchen und des Weltrats Methodistischer Kirchen.
Internationaler Klima-Marsch während des UN-Klimagipfels COP22 in Marrakesch 2016. Foto: Ivars Kupcis/ÖRK